Es sind besorgniserregende Zahlen, die im Bericht zur Waldzustandserhebung 2022 zu lesen sind: Nur etwa jeder fünfte Baum in deutschen Wäldern gilt als gesund. Mehr als jeder dritte Baum weist deutliche Schäden in der Krone auf. Schuld daran ist der Klimawandel, der Trockenheit, Schädlinge und Hitze fördert. Wälder müssen daher dringend an das Klima angepasst werden. Doch das ist teuer. Können wir es uns aber leisten, weiter nichts zu tun?
Nein. Wir sind auf gesunde Wälder als essentielle Kohlenstoffsenken angewiesen. Wälder sich selbst zu überlassen, stellt ein Risiko für den Wald und uns dar. Es muss also ein Umdenken stattfinden, indem wir als Gesellschaft Verantwortung übernehmen und neue Forstpraktiken subventionieren, die die Potenziale unserer Wälder nicht nur sichern, sondern optimieren.
Genau hier setzt Improved Forest Management (IFM) an: Die Bewirtschaftung von Wäldern wird verändert, um mehr CO2 zu speichern und Wälder widerstandsfähiger zu machen.
Improved Forest Management (dt. verbesserte Forstwirtschaft) hat in erster Linie das Ziel, durch Veränderungen in der Waldbewirtschaftung den CO2-Speicher des Waldes und seiner Produkte zu erhöhen. Neben Improved Forest Management (IFM) gibt es weitere Möglichkeiten, um das Potenzial von Wäldern als CO2-Senken zu optimieren. Wie der Name sagt, hat Forest Conservation, also die Erhaltung von Wäldern, zum Ziel, Wälder zu schützen. Dies kann gerade in Regionen sinnvoll sein, in denen es – anders als in den meisten europäischen Ländern – keine strengen Gesetze zum Schutz der Wälder gibt. Durch Projekte der (Wieder-)Aufforstung und Agroforstwirtschaft (afforestation, reforestation, agroforestry) wird hingegen versucht, mehr Wälder zu schaffen, um so auch mehr CO2 zu speichern. Solche Projekte sind insbesondere in manchen Ländern des globalen Südens aufgrund von illegalen Waldrodungen wichtig. In Deutschland hingegen sind Rodungen laut Bundeswaldgesetz nur mit triftigem Grund und Genehmigung erlaubt. Zudem müssen entsprechende Gebiete anschließend wieder aufgeforstet oder in eine andere zulässige Bodennutzungsart umgewandelt werden. Ähnliches gilt für Schadereignisse, nach denen kahle Waldflächen hierzulande innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums wieder bestockt werden müssen. Daher eignen sich in europäischen Ländern insbesondere IFM-Projekte, um den CO2-Speicher in Wäldern zu erhöhen und gleichzeitig deren Widerstandsfähigkeit zu fördern.
IFM zielt insbesondere darauf ab, die CO2-Speicherleistung von Wäldern und Waldprodukten zu erhöhen. Dies geschieht durch eine Reihe gezielter Maßnahmen: Zum einen werden die Umtriebszeiten – also die Zeitspannen zwischen zwei Holzernten – verlängert, wodurch Bäume älter und damit höher werden und somit deutlich mehr CO2 speichern können. Dies steht im Gegensatz zur herkömmlichen Praxis, Waldbestände primär nach ökonomischen Zielen zu ernten (Vgl. Abb. 1), also dann, wenn aus betriebswirtschaftlicher Sicht das Optimum erreicht ist. Statt die Bäume schon nach 60 Jahren herauszunehmen, können sie im folgenden Beispiel weitere 20 Jahre wachsen und sofort mehr Kohlenstoff speichern.
IFM-Projekte tragen durch eine schonende Entnahme einzelner Bäume zum Schutz der Waldstruktur und insbesondere von Jungpflanzen bei und fördern die natürliche Regeneration. Des Weiteren wird durch IFM ein starker Fokus auf den Umbau zu klimaresilienten und gesünderen Wäldern gelegt und Totholz und andere Biomasse werden im Wald belassen, um natürliche Lebensräume zu erhalten und Biodiversität zu fördern.
Improved Forest Management bietet eine Menge Vorteile, die Natur, Klima und damit auch die Gesellschaft nachhaltig positiv beeinflussen. So konnten verschiedene Studien aufzeigen, dass der CO2-Speicher durch IFM weltweit um 0,2 bis 2,1 Gigatonnen CO2e pro Jahr gesteigert werden kann (Griscom et al. 2017, Roe et al. 2019, Austin et al. 2020). 2,1 Gigatonnen CO2 (das sind 2,1 Milliarden Tonnen) entsprechen dem jährlichen CO2-Fußabdruck einiger der größten Verursacher Europas, nämlich Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Tschechien zusammen.
Ein weiterer Vorteil von Improved Forest Management besteht darin, dass es Wälder widerstandsfähiger gegen Waldbrände, Dürren und andere Ereignisse macht - Schäden, die mit großen CO2-Speicherverlusten einhergehen würden. Außerdem fördert der Umbau von monokulturellen Wäldern zu klimaresilienteren Mischwäldern die Biodiversität. Gesunde Lebensräume für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten werden so geschaffen. Auch trägt IFM zum Erhalt der Bodenqualität und zur Verbesserung des Wasserhaushalts bei, was die ökologische Resilienz der Wälder stärkt. Und schließlich sichern bewirtschaftete Wälder die Lebensgrundlage vieler Menschen, indem sie nachhaltige Einkommensquellen und Arbeitsplätze schaffen. Für das Jahr 2013 verzeichnete das Thünen-Institut allein in Deutschland fast 68.000 Beschäftige im Bereich der Forstwirtschaft.
Ist Improved Forest Management also die perfekte Antwort auf alle Fragen zur Wirksamkeit von CO2-Projekten? Ganz so einfach ist es leider nicht. Auch IFM bringt Herausforderungen mit sich, die von Unternehmen, die in Klimaschutzprojekte investieren wollen, zuvor unter die Lupe genommen werden sollten.
Eine Herausforderung stellt die verlässliche Berechnung der Baseline, also des Ausgangsszenarios eines Projekts, dar. Damit es nicht zu einer Überbewertung des CO2-Speichers kommt, ist es wichtig, von Anfang an einen Risikopuffer für unvorhersehbare Ereignisse (z. B. Waldbrände oder Sturmschäden) zu berücksichtigen. OCELL plant für alle Projekte einen Risikopuffer in Höhe von mindestens zehn Prozent ein. Zudem gewährleistet OCELL eine verlässliche Baseline durch die Durchführung digitaler Waldinventuren und die darauf angewandte Net-Present-Value-Methode. Diese Methode ermöglicht die Berechnung ökonomisch idealer Umtriebszeiten, also wann es am sinnvollsten ist, Holz aus finanzieller Sicht aus dem Wald zu nehmen. Durch die Klimaschutzprojekte werden die Umtriebszeiten über das ökonomische Optimum hinaus verlängert, so dass der Wald länger und mehr CO2 speichert.
Ein weiterer Kritikpunkt kommt aus den USA, dass die evidenzbasierte Permanenz, also wie lange das CO2 gespeichert wird, noch detaillierter erforscht werden müsse. Die meisten Standards sprechen von Permanenz, wenn die Projekte eine Laufzeit von mindestens 30 bis 50 Jahren haben. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch digitale MRV-Systeme (digital monitoring, reporting, and verification system), um verlässliche Daten zu erheben und die Transparenz zu erhöhen. Und schließlich sind IFM-Projekte mit zusätzlichen Kosten verbunden. Diese Kosten für nachhaltiges Wirtschaften, den Verlust von Einnahmen durch die reduzierte Holzernte sowie die Ausgaben zur Durchführung des Projekts (aufsetzen, zertifizieren, monitoren) können hoch sein. Finanzielle Unterstützung durch die Privatwirtschaft schafft hier Abhilfe. Indem Unternehmen CO2-Zertifikate erwerben, entlohnen sie Waldbsitzer für die Ökosystemleistung ihrer Wälder und ermöglichen verbessertes Forstmanagement zur Optimierung des CO2-Speichers und der Widerstandsfähigkeit des Waldes.
Improved Forest Management steht für einen holistischen, nachhaltigen Ansatz, der Unternehmen und Ländern beim Erreichen ihrer Netto-Null-Ziele helfen kann. Durch die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit und des Kohlenstoffvorrats in Wäldern sowie die Vermeidung von CO2-Emissionen trägt IFM wesentlich zum Klimaschutz bei. Gleichzeitig fördert es die Biodiversität. Expert*innen gehen von einer zunehmenden Akzeptanz von IFM-Projekten aus. Auch neue Technologien, die für mehr Genauigkeit und Transparenz sorgen, tragen dazu bei.
Mit OCELL’s Waldprojekten fördern Sie Improved Forest Management in europäischen Wäldern und leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.
Erfahren Sie hier mehr über die Klimaschutzprojekte von OCELL.
Als waschechte Münchnerin mit Südtiroler Wurzeln liegen Kathrin die Berge und damit die Natur quasi im Blut. Unter der Woche Schreibtischtäterin als Head of Marketing & Communications bei OCELL, ist sie am Wochenende am liebsten draußen im Wald, auf dem Gipfel oder am See.